Herrn Ministerpräsident

 

Winfried Kretschmann MdL

 

Staatsministerium Baden-Württemberg

 

Richard-Wagner-Straße 15

 

70184 Stuttgart                                                                               10. August 2018

 

 

 

 

 

 

 

Landverbrauch

 

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

 

 

 

auf mein Schreiben vom 23.04.2018 haben mir Ihre Mitarbeiter mitgeteilt, dass ich vom fachlich zuständigen Wirtschaftsministerium eine Antwort erhalten werde. Von dort erhielt ich am 19. Juni 2018 eine ausführliche Stellungnahme.

 

Nach unserem Urlaub möchte ich Ihnen nun antworten.

 

 

 

Die Antwort des Wirtschaftsministeriums rechtfertigt die bisherige Praxis. Baubedürfnisse, Landwirtschaft und Umwelt werden als gleichrangige Größen angesetzt, die es abzuwägen gelte.

 

„Alle Belange stehen sich bei der Abwägung grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Der Vorrang einzelner Belange kann deshalb nicht verlangt werden“.

 

Das Ergebnis dieser Abwägung ist in der Praxis ein weiterer Landverbrauch zu Lasten der Landwirtschaft und der Natur.

 

Ich frage mich, wie man Bedürfnisse in Form von Landverbrauch an ein Gut anmelden kann, das bisher schon übernutzt wurde. Es entspricht dem gängigen und erfolgreichen industriellen Denken, das uns einen großen Wohlstand und riesige Gütermengen gebracht hat - aber unser Land, unser Boden, unsere Lebensgrundlage, lässt sich nicht reproduzieren. Die Antwort des Wirtschaftsministeriums manifestiert das Denken, das zu diesem enormen Landverbrauch geführt hat. Wir können doch nicht weiter verantworten, dass ein völlig übernutztes Gut, das nicht vermehrt werden kann, weiter so verbraucht wird. Es ist unverantwortlich, finde ich, wie in den Städten und Gemeinden mit dem Boden umgegangen wird!

 

 

 

 

 

Bei einem Fachgespräch “Bauen auf der grünen Wiese?“ am 9. Juni 2018 der Fraktion der Grünen im Landtag von B.-W. sagte der Vorsitzende des Landesnaturschutzverbandes, Dr. Gerhard Bronner: „Wir verbrauchten in den letzten beiden Generationen mehr Land als die 80 Genrationen vor uns. Von 0 bis 1950 wurde genauso viel Land überbaut wie von 1950 bis 2010.“

 

 

 

Auf einer Tagung zu Ehren von Erhard Eppler in der Ev. Akademie Bad Boll im Januar letzten Jahres sagte mein Freund Ernst Ulrich v. Weizsäcker sehr emotional und heftig, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, sinngemäß, dass wir endlich aufhören müssen, die Erde zu misshandeln, weil wir sie mit unserer vorherrschenden Wirtschaftsweise, unserem Konsumverhalten und unserem rücksichtslosen Landverbrauch unwiederbringlich ruinieren. Es sei 10 nach 12.00, nicht mehr 5 vor 12.00. Wir bräuchten für die ganze Welt eine neue Aufklärung, die die Grenzen des Planeten absolut respektiert.

 

 

 

Der unsägliche § 13b Bundes-Baugesetzbuch befeuert noch den Landverbrauch vor allem im Außenbereich. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es sich beim Thema Landverbrauch um ein typisches Querschnittsthema handelt, das vom Staatsministerium zwingend angegangen und koordiniert werden muss.

 

 

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

 

die vom Wirtschaftsministerium formulierte Haltung und Politik macht deutlich, dass kein Umdenken bei der Ausbeutung unserer Erde stattgefunden hat. Diese Politik ist in meinen Augen weder nachhaltig noch enkeltauglich. Wir müssen diesen Raubbau an unserer Natur und die hemmungslose Versiegelung von Baden-Württemberg beenden, wenn wir unseren Nachfahren gute Lebensmöglichkeiten erhalten wollen.

 

 

 

Es grüßt Sie in Verbundenheit

 

 

 

Ihr Wolfgang Rapp

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kopien an

 

 

 

Herrn

 

Regierungspräsident Wolfgang Reimer

 

Ruppmannstraße  21

 

70565 Stuttgart

 

 

 

Herrn Landrat

 

Edgar Wolff

 

Lorcherstraße  6

 

73033 Göppingen

 

An die

 

Bundestagsabgeordnete

 

Heike Baehrens

 

und den

 

Bundestagsabgeordneten

 

Hermann Färber                        Hohenstaufen, den 17.8.18

 

 

 

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,

 

liebe Heike,

 

 

 

sehr geehrter Herr Abgeordneter,

 

lieber Hermann,

 

 

 

die Naturschützer im Kreis Göppingen möchten euch bitten, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass der oben genannte Paragraf im kommenden Jahr ausläuft und nicht verlängert wird.

 

Der §13b ist geradezu eine Einladung und ein Türöffner für den weiteren hemmungslosen Landverbrauch. Er ermöglicht ohne vertiefte Umweltprüfung und ohne Anwendung der Eingriffsregulierung im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung die Bebauung im Außenbereich.

 

Die Verpflichtung zum Ausgleich entfällt, d.h., eine Kompensation des Eingriffs in die Schutzgüter findet nicht statt. Der Flächennutzungsplan kann im Nachgang zum Bebauungsplan geändert werden. Somit entfällt die notwendige Prüfung, ob die Bebauung von Außenbereichsflächen verträglich und alternativlos ist. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden kann ebenfalls entfallen.

 

 

 

Der §13b ist ein Tiefschlag für den Natur- und Landschaftsschutz, weil all die  landschaftsplanerischen Standards und Errungenschaften der letzten Jahrzehnte ausgehebelt werden. So einen Rückschlag hätte ich nie für möglich gehalten.

 

Der schon enorme Landverbrauch wird dadurch noch weiter angefacht. Die beigefügte Liste des LNV-Geschäftsführers, Ulrich Schulz, allein für den Kreis Göppingen, spricht Bände. Es ist jetzt schon offensichtlich, dass es bei der Bebauung nicht um den mit dem Gesetz intendierten bezahlbaren Wohnraum geht, sondern vor allem Einfamilienhäuser werden auf der „grünen Wiese“ gebaut werden.

 

Wir wären euch sehr dankbar, wenn ihr, unsere Abgeordneten, euch in der CDU- und SPD-Fraktion dafür einsetzen würdet, dass dieses für unsere Natur und unseren Boden unsägliche Gesetz ausläuft.

 

 

 

Mit herzlichen Grüßen vom Hohenstaufen

 

euer Wolfgang